Jenseits der Worte

von Ramon Pythoud | 1. April 2024
catégories : NL1-2024-DE

In meiner Arbeit bei der SPFB (Sozialpädagogische Familienbegleitung) und beim Verein ParMi (www.parmi-fribourg.ch) begegne ich Familien, Jugendlichen und Kindern, deren Erstsprache weder Deutsch noch Französisch ist. Menschen, die sich im Alltag in einer für sie fremden Sprache ausdrücken und die manchmal ihrer Stimme beraubt werden, wie es die türkische Schriftstellerin und Journalistin Asl? Erdo?an so schön sagt.

Mehr teilen als Worte

Bei der Begleitung von Familien mit Migrationsgeschichte in schwierigen Situationen oder beim Unterstützen der Integration von migrantischen Jugendlichen ist interkulturelles Dolmetschen wertvoll und häufig unverzichtbar. Wenn es keine gemeinsame Sprache gibt oder die Worte fehlen, baut der Dolmetscher eine Brücke, vermittelt Sinn und ermöglicht allen, sich ohne Angst vor Missverständnissen auszudrücken. Mit einer Dolmetscherin als Weggefährtin und Begleiterin können wir unseren gemeinsamen Weg sicher beschreiten wie in einer Seilschaft. Die aktive, aber diskrete Präsenz stellt sicher, dass wir Worte «mitteilen» können, im etymologische Sinn des Begriffs «kommunizieren».

Indem beide Seiten Zugang zum Sinn der Worte erhalten, können wir sie hinter uns lassen. Der Dialog, der entsteht, wird durch Nuancen, Wahrnehmungen, Austausch und Blickwechsel bereichert. Hier ermöglicht die Übersetzung zu spielen, scheinbar im Weg stehende Unterschiede spielend zu überwinden und vorwärtszukommen.

Veränderungen begleiten

Integration, soziale Inklusion und Partizipation sind wechselseitige Prozesse. Verständigung reicht dafür nicht aus, vielmehr braucht es Vertrauen, damit zwangsläufig ungewöhnliche persönliche Situationen und Lebenswege, die mehr als andere durch verschiedene Welten führen, erkundet werden können. In diesem Mehrparteiendialog ermöglicht interkulturelles Dolmetschen, diese Welten zu verbinden und den Menschen mit Migrationsgeschichte ihre Stimme zurückzugeben, damit sie an ihre vielschichtige Realität anknüpfen, sich mit ihr anfreunden und sie nach ihren Vorstellungen gestalten können. Interkulturelles Dolmetschen sollte deshalb für alle Leistungen im Sozialbereich garantiert sein, damit bei der Begleitung von Veränderungen Würde und Selbstbestimmungsrecht respektiert werden können.

Ramon Pythoud
Koordinator der SPFB, Stiftung Transit

Ko-Präsident des Vereins "Parmi - soutien jeunes migrant-e-s Fribourg"

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